„Urformverfahren bauteilbezogen auswählen“ ist der Titel des Lernfeldes 2. Um den Auszubildenden die komplexen Planungen, die zur Herstellung eines Gussteils erforderlich sind, verständlich zu machen, setzt Fachlehrer Karsten Christ auf einen einfachen Lernträger. Am Beispiel eines Schwenklagers aus Aluminiumguss werden im handlungsorientierten Unterricht nacheinander alle erforderlichen Planungs- und Arbeitsschritte bis hin zum fertigen Gussteil abgearbeitet.
Ausgangspunkt ist eine kurze Lernsituation.
Von dem dagestellten Schwenklager aus Aluminiumguss (EN-AC-AlSi12) sollen 100 Teile durch Gießen hergestellt werden. Die Maßtoleranz wird mit ± 0,2mmangegeben. Das erforderliche Modell soll nach der Güteklasse K2 gefertigt werden und den Vorgaben der DIN EN 12890 entsprechen. Als Formverfahren wird das Handformen mit tongebundenem Formstoff vorgegeben.
Anhand einer Einzelteilzeichnung werden die Auszubildenden mit Hilfe von Leitfragen durch die einzelnen Lerninhalte geführt. Am Anfang stehen die Analyse des Arbeitsauftrages und eine Informationsrunde mit Fach- und Tabellenbuch. Über die Güteklasse wird nach den Vorgaben der DIN 12890 ein geeigneter Modellwerkstoff ermittelt. Über die Bezeichnung des Gusswerkstoffes wird das Thema der Werkstoffnormung angestoßen. Die Auszubildenden ermitteln die erforderlichen Schwindmaße und berechnen die Modellmaße. Bei der weiteren Planung müssen die Lage und Größe der Bearbeitungszugaben anhand der Zeichnung bestimmt werden. Die erforderliche Formschräge und Farbkennzeichnung des Modells nach DIN 12890 gehören ebenso zur Modellplanung wie die richtige Position einer Modellbeschriftung. Zu allen aufgezählten Arbeitsschritten gibt es zusätzliche Übungsaufgaben um die Inhalte zu vertiefen. Nach Abschluss der Planungen stellen die Auszubildenden aufgrund ihrer neuen Kenntnisse eigene Modelle des Schwenklagers her. Dabei wird im fachpraktischen Unterricht der Modellaufbau, die fachgerechte Bearbeitung des Modellwerkstoffs, spanende Fertigungsverfahren und die Unfallverhütung thematisiert. Da nur begrenzt Unterrichtszeit zur Verfügung steht, werden die Ausbildungsbetriebe bei der Herstellung der Modelle mit einbezogen.
In der Versuchsgießerei der bsb werden mit den Modellen Formen aufgestampft und abgegossen. Bei diesem für Modellbauer eher ungewöhnlichen Arbeitsschritt zeigt sich, ob die Qualität der Modelle den Anforderungen der Formtechnik entspricht. Die Auszubildenden lernen hier, dass Planungs- und Fertigungsfehler zu Problemen bei der Formherstellung und zu Qualitätseinbußen am Gussteil führen.
Weiterer Bestandteil ist die Qualitätskontrolle für Modell und Gussteil. In einer Tabelle listen die Auszubildenden die Modell- und Gussteilmaße auf. Aus diesen Maßen werden auch die tatsächlichen Schwindmaße der Gussteile berechnet und somit die vorhergegangenen Planungen und Berechnungen überprüft.
Auch für die Herstellung von Produkten aus Kunstharz werden die Modelle der Auszubildenden genutzt.
Von den Modellen werden im offenen Gießverfahren Kunstharznegative erstellt und in geschlossenen Gießverfahren Duplikate der Modelle gegossen. Dabei erkennen die Auszubildenden sowohl Parallelen als auch Unterschiede zur Herstellung von Formen aus Sand. Neben den rein fachlichen Inhalten gehört auch die Sicherung der Ergebnisse zur Unterrichtseinheit, um die Abläufe, Werkzeuge und Arbeitsstoffe zu dokumentieren. Das Prinzip der vollständigen Handlung besteht aus den Elementen Informieren, Planen, Entscheiden, Durchführen, Kontrollieren und Bewerten. Diese vollständige Handlung wird innerhalb der Lerneinheit mehrfach durchlaufen und findet sich auch übergeordnet in der gesamten Lerneinheit, ausgehend von der Aufgabenstellung bis zum fertigen Gussteil, wieder.
Ganz nebenbei lernen die Auszubildenden Fachbegriffe richtig anzuwenden. Sie dokumentieren ihre Ergebnisse in unterschiedlichen Formen, wie zum Beispiel in Präsentationen über die Gussteilherstellung in der Gießerei oder Protokollen zur Qualitätssicherung. Alle Arbeitsschritte orientieren sich an den realen Anforderungen in der Gießerei-Industrie. Die gemachten Erfahrungen können auf eine große Anzahl von weiteren Ausbildungsinhalten übertragen und somit erweitert werden. Mit Hilfe eines einfachen Lernträgers kann so eine große Bandbreite an Unterrichtsinhalten vermittelt werden. Im Mittelpunkt steht dabei immer, dass die Auszubildenden am eigenen Produkt arbeiten. Dabei erhöht die direkte Verzahnung von theoretischen Inhalten mit der praktischen Umsetzung die Lernleistung der Auszubildenden.